Opel Kadett C
Motorentechnologie

 

        OHV, CIH

       und die großen Motoren

OHV-Technologie

 

Die OHV-Technologie kommt bei dem serienmäßig verbauten 1,2 S Motor des Kadett Aero zum Einsatz. Die OHV-Motortechnologie stammt aus den späten 1930er Jahren.

Die Bezeichnung „OHV“ kommt aus dem Englischen „Overhead valves“ und bedeutet „Überkopf-Ventile“ oder auch „hängende Ventile“.

Bei einem OHV-Motor befindet sich die Nockenwelle unten im Kurbelgehäuse. Über einen Mechanismus von Stößel, Stoßstange und Kipphebel werden die Ventile von der Nockenwelle gesteuert. Vorteil dieses Prinzips ist eine verschleissarme Nockenwelle, deren Schmierung einfach zu realisieren ist. Die Ventile können recht einfach eingestellt werden. Nachteilig ist der lange Übertragungsweg der Mechanik dieser Bauweise. Die Motordrehzahl ist begrenzt durch die Standfestigkeit der Stößel, Stangen und Kipphebel. Die aufwendige Mechanik macht den Motor laut. Die Fertigung eines OHV-Motors ist viel einfacher als die eines CIH-Motors. Deshalb wurde der OHV-Motor bis in die 90er Jahre für kleinere, leistungsärmere Motoren verwendet.

Ein OHV-Motor wurde erstmals 1937 im Opel Super 6 verbaut

CIH-Technologie

 

Die technischen Grenzen der OHV-Technik führten zum Einsatz der bei GM in den USA entwickelten, moderneren CIH-Technik. Es waren leistungsstärkere und leisere Motoren.
Der erste CIH-Motor wurde bereits 1965 im Rekord B verbaut. Im Kadett Aero kam der 1,6 S Motor serienmäßig zum Einsatz. In zahlreichen Aeros wurden später größere CIH-Motoren nach-gerüstet.

Die Bezeichnung „CIH“ bedeutet „Camshaft in head“, also „Nockenwelle im Zylinderkopf“.

Durch das Verlegen der Nockenwelle in den Kopf neben die Ventile wird die Steuermechanik direkter und baulich mit kurzen Stößeln und Kipphebeln viel kompakter. Dies verbessert die Laufruhe des Motors und höhere Drehzahlen sind möglich. Nachteilig ist der aufwendige Antrieb der Nockenwelle und der höhere Verschleiß. Die CIH-Technologie stellt einen Zwischenschritt in der Entwicklung von Motoren mit obenliegender Nockenwelle dar. Zwar liegt die Nockenwelle nun oben im Kopf, die Ansteuerung der Ventile erfolgt aber weiterhin über eine Mechanik mit Stößel und Kipphebel.

Der CIH-Motor wurde bei GM in den USA entwickelt
und in Europa erstmals 1965 im Rekord B verwendet

Opel OHV-Motoren

4 Zylinder

1,0 Liter – Normal / Super
1,1 Liter – Normal / Super
1,2 Liter – Normal / Super

 

Einsatz 1,0 L

Kadett A
   1962 – 1965
Kadett C
   1973-1979
Kadett D
   1979-1981
Corsa A
   1982-1993

Einsatz 1,1 L

Kadett B
   1965 – 1973
Olympia A
   1967-1970
Opel GT 1100
   1968-1970

Einsatz 1,2 L

Kadett B
   1971 – 1973
Kadett C
   1973-1979
Kadett D
   1979-1984
Kadett E
   1984-1988
Ascona A
   1972-1975
Ascona B
   1975-1980
Manta A
   1972-1975
Manta B
   1975-1979
Corsa A
   1982-1993

Opel CIH-Motoren

4 Zylinder

1,5 Liter – Normal
1,6 Liter – Normal / Super
1,7 Liter – Normal / Super
1,9 Liter – Normal / Super – Vergaser / Einspritzer
2,0 Liter – Normal / Super – Vergaser / Einspritzer
2,2 Liter – Super – Einspritzer
2,4 Liter – Super – Einspritzer

6 Zylinder

2,2 Liter – Normal
2,5 Liter – Normal / Super – Vergaser / Einspritzer
2,6 Liter – Super – Einspritzer
2,8 Liter – Normal / Super – Vergaser / Einspritzer
3,0 Liter – Super – Vergaser / Einspritzer

Einsatz 1,6 L

Manta A
   1970-1975
Ascona A
   1970-1975
Manta B
   1975-1981
Ascona B
   1976-1981
Kadett C
   1977-1979

Umrüstung des Kadett Aero auf einen großen CIH-Motor

In den 70er und 80er Jahren war das Schrauben am eigenen Fahrzeug ein verbreitetes Hobby. Fahrzeugbesitzer rüsteten eine Musikanlage oder Spoiler nach. Sollte es mehr sein, wurden Änderungen am Fahrwerk vorgenommen. Wer noch mehr wollte, baute auch noch einen leistungsfähigeren Motor ein. Im Kadett C wurden dafür die großen CIH-Motoren verwendet. Auch im Rennsport dieser Zeit wurden die CIH-Motoren eingesetzt.

Wurde in späteren Jahren der Manta B zum (negativen) Abbild eines getunten Opels, wurde der Kadett C nur in den Coupé-Varianten mit 1,9 und 2,0 Litern als sportliches Fahrzeug wahrgenommen. Der Kadett C war sonst ein eher biederes Auto, was (leider) auch auf den Aero zutraf. Deshalb war und ist es auch heute noch eine „spezielle“ Entscheidung, einen Kadett C / Aero mit einem großen CIH-Motor zu fahren.

Welche großen Motoren kommen für einen Umbau in Frage?

In historischem Sinn als zeitgemäß gelten Motoren, die maximal zehn Jahre nach der Fertigung des Fahrzeuges gebaut wurden. Dies ist für eine H-Zulassung wichtig. In den Kadett Aero können 4-Zylinder CIH-Motoren bis 2,4 Liter verbaut werden. Noch größere 6-Zylinder Motoren würden erhebliche weitere Umbauten erfordern aufgrund des Platzbedarfs und des Gewichtes. Es gibt einige wenige Kadett C Showcars mit 6-Zylinder-Motoren. Leistungssteigerungen durch Tuningmassnahmen sind bei allen CIH-Motoren möglich. Angebote findet man bei spezialisierten Anbietern, die im Rennsportbereich arbeiten. Der Hubraum der 4-Zylinder-Motoren kann bis auf 2,8 Liter und die Leistung auf über 180 PS steigen.

Es können folgende Motoren verwendet werden:

Hubraum

1,9 S
1,9 E
2,0 N
2,0 S
2,0 E
2,2 i
2,4 i

Benzinversorgung

Vergaser
Einspritzung
Vergaser
Vergaser
Einspritzung
Einspritzung
Einspritzung

Leistung

90 PS
105 PS
90 PS
100 PS
110 PS
115 PS
125 PS

Herkunft des Motors

Rekord C, D
Kadett C Coupé GT/E – Opel GT
Rekord D, E – Ascona B – Manta B
Rekord E, E2 – Ascona B – Manta B
Rekord E, E2 – Ascona B – Manta B
Rekord E2
Omega A

Übersicht der baulichen Veränderungen beim Motorentausch

Für den Einbau eines großen CIH-Motors ist das Vorhandensein eines „großen Tunnels“ sinnvoll, damit das Getriebe Platz findet. Den großen Tunnel hatten Aeros mit dem 1,6 S Motor. Auch in Automatikfahrzeugen findet ein größeres Getriebe Platz. Ist die geeignete Karosserie gefunden, kann entschieden werden, welcher Motor verbaut werden soll.

Es muss ein passendes Getriebe ausgewählt werden. Oft werden Getrag-Getriebe verwendet, die ebenfalls zeitgemäß sind und sich im Rennsport der 70er Jahre bewährt hatten. Mittlerweile wird es schwierig, solche Getriebe zu bekommen.

Sind Motor und Getriebe ausgewählt, müssen Antriebsstrang, Fahrwerk und Bremsen hinsichtlich der Eignung überprüft und eventuell angepasst werden.

Vergaser oder Einspritzer – die Auswahl führt zu weiteren Umbaumaßnahmen, speziell beim Einspritzer.

Weiterhin sind etliche Anpassungen vorzunehmen, um den Motor anzuschließen. Dies sind die Motorlagerung, der Kühlkreislauf, die Elektrik, die Abgasanlage, die Spritversorgung, der Tachometer, …

Auch der Motor selbst muß angepasst werden. Dies ist bei den Rekord-Motoren mit 2,0 und 2,2 Litern einfacher. Neben anderen Arbeiten muss die Ölansaugung und der Ölmessstab verlegt werden. Beim 2,4 Liter Motor des Omega muß dafür noch eine Bohrung in den Block gesetzt werden.

Wir möchten hier keine Anleitungen zum Motorenumbau geben. Es finden sich Webseiten im Netz, die sich der Thematik widmen. Unser Interesse ist es, aufzuzeigen wie und mit welchem Aufwand ein Motorenumbau im historisch zeitgemäßen Einklang erfolgen kann.

Beschaffung der Teile für die Umrüstung

Zum Motorenumbau werden Bauteile sowie diverse Kleinteile benötigt, die im Fachhandel zu bekommen sind. Die unter „Aero-Technik“ aufgeführten Teilehändler bieten eine gute Auswahl. Zudem liefern im Rennsport aktive Tuner und Zubehörhändler die benötigten Teile bis hin zum fertigen Motor. Einige übernehmen auch den Einbau.

Für den Einbau vorbereiteter
2,4 i Motor (Einspritzung) mit Getriebe

 

Der 2,4 i Motor mit Doppelvergaser

 

Einige Details zu den großen CIH-Motoren

CIH-Ventilsteuerung – Einstellen der Ventile

Das Einstellen der Ventile ist beim CIH-Motor eine einfache Angelegenheit und bei laufendem Motor möglich. Benötigt wird eine Prüflehre für das Ventilspiel. Der Kipphebeldrehpunkt wird über die Zugankermutter in der Höhe verstellt, wobei die Mutter selbstsichernd ist. Zu beachten ist, dass zu eng eingestellte Ventile zu Schäden führen.

Einspritzanlage

Viele der verwendeten großen CIH-Motoren verfügen über eine Einspritzanlage statt des Vergasers. Diese Technologie bringt Leistungsvorteile, ist aber sehr viel aufwendiger.
Herz der Einspritzanlage ist das Steuergerät. Die Hauptaufgabe des Steuergerätes ist es, der angesaugten Luftmenge die passende Menge Kraftstoff zuzuführen. Die Luftmenge ist die wichtigste Größe.
Die angesaugte Luftmenge wir mittels eines Luftmengenmessers ermittelt und der Messwert an das Steuergerät geleitet. Der Kraftstoff wird von einer Benzinpumpe in ein Kraftstoffverteilerrohr gefördert und von einem Benzindruckregler auf den Betriebsdruck gebracht.
Nun muss das Steuergerät Benzin und Luft zum richtigen Zeitpunkt über die Einspritzdüsen in die Brennkammern fördern. Die Einspritzfrequenz ist abhängig von der Motordrehzahl und wird über das Drehzahlsignal der Zündanlage ermittelt. Die Einspritzdauer ist abhängig von der Luftmenge und der Motordrehzahl.
Die eingehenden Signale müssen im Steuergerät in verwertbare Werte umgewandelt werden. Außerdem werden Korrekturwerte ermittelt aus der Motortemperatur, der Lufttemperatur, der Drosselklappenstellung und der Batteriespannung. Die Kraftstoffmenge muss auch dem Betriebszustand angepasst werden, z.B. Leerlauf, Anfahren, Dauerbetrieb oder Volllast.

Vergaser

Die Serien-Vergaser der CIH-Motoren unterscheiden sich sehr stark von jenen Vergasermodellen, die im Rennsport Verwendung fanden. Hier wurden oft Doppelvergaser verwendet, die wesentlich aufwendiger konstruiert sind und die Motorleistung stark erhöhen. Diese leistungsfähigen Vergaser sind eine gute Alternative zur Einspritzanlage. Einstellarbeiten und Wartungsarbeiten erfordern bei den Vergasern viel weniger Aufwand.

Motorkühlung – die verheimlichte Schwachstelle der CIH-Motoren

Die Wasserpumpe ist der konstruktive Faux-pas der CIH-Motoren. Die Pumpe ist recht klein und ungünstig verbaut. Überhitzungsprobleme sind die Folge.
Die Verwendung eines zu schwachen Lagers auf der Riemenseite und einer anfälligen Dichtung auf der Pumpenradseite vervielfachen die auftretenden Versagensfälle. Die Standzeit einer originalen Wasserpumpe beträgt meist nur zwischen 30-50.000 km. Betroffen sind besonders die höherverdichtenden Motoren, während die „N“-Motoren besser mit den Pumpen zurecht kamen.
Da Opel das Problem ignorierte, schaffen nur verstärkte Wasserpumpen aus dem Zubehörhandel Abhilfe. Zum Schutz des Motors sollte die Verwendung dieses nicht originalen Bauteils legitim sein.

Ventileinstellung beim 1,9 S Motor
mit Vergaser

 

Quelle: Themanta, CC BY-SA 3.0
<https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0>
via Wikimedia Commons

Einspritzanlage, hier auf einem 1,9 E

 

Verchromte Einspritzanlage auf einem 2,4 i

 

Serien-Vergaser

45er Weber Doppelvergaser

Wasserpumpe, hinter der oberen Riemenscheibe

Die Entwicklung geht weiter – Ablösung der CIH-Motoren durch die (D)OHC-Motoren

Die Verlegung der Nockenwelle vom Kurbelgehäuse (OHV) in den Motorkopf (CIH) war eine konsequente Weiterentwicklung im Motorenbau. Allerdings vermied man mit der CIH-Technik zunächst die direkte Ansteuerung der Ventile durch die Nockenwelle. Dies holte man bei Opel mit der Ablösung der CIH-Technik durch die OHC-Technik nach. Der Begriff kommt wieder aus dem Englischen – „Overhead Camshaft“ – und bedeutet „obenliegende Nockenwelle“. Grundsätzlich war diese Technologie nicht neu, wurde jedoch in einer modernen Form neu konstruiert. Die Nocken der Nockenwelle steuern die Ventile direkt, also ohne aufwendige, mechanische Umlenkung. Die Laufruhe der Motoren wird dadurch verbessert und die Ansteuerung der Ventile ist präziser. Die Verwendung eines Zahnriemens anstelle der Steuerkette reduziert die Lautstärke nochmals und verbessert die Präzision der Ventilsteuerung, was jedoch mit teuren Zahnriemenwechseln bezahlt wird. Auch die Einführung der Hydrostößel bei Opel erfolgte mit diesen Motoren. Statt des Graugussblockes und -kopfes wurde nun ein Leichtmetallkopf verwendet.
Als weitere Verbesserung (oder Ergänzung) werden zwei Nockenwellen, jeweils eine für die Einlass- und eine für die Auslassventile, verwendet. Dies wird als „DOHC“ oder „Double Overhead Camshaft“ bezeichnet. Die Ventile sind nicht mehr in einer, sondern in zwei Reihen angeordnet, was die Brennraumgeometrie verbessert und den Benzinverbrauch erheblich senkt.

Es wurden vereinzelt Kadett Aeros umgerüstet auf (D)OHC-Motoren. Da diese Motoren aus einer späteren Zeit stammen, passen sie historisch nicht zum Fahrzeug. Eine H-Zulassung als „Historisches Fahrzeug“ ist für den Kadett Aero mit diesen Motoren nicht möglich. Die Motoren sind den CIH-Motoren technisch überlegen. Aber sie reduzieren den Aero zur Hülle für einen Motor und nehmen ihm die Eigenständigkeit und den Charakter. Es gibt genug andere Karosserien; man sollte keinen Aero opfern um einen DOHC-Motor zu fahren.